Gesundheitssektor und Märkte

Der Gesundheitssektor gilt als weitgehend unabhängig von konjunkturellen Schwankungen. Die Nachfrage insbesondere nach lebensrettenden und lebenserhaltenden Produkten und Dienstleistungen wird ungeachtet der Covid-19-­Pan­demie und der Übersterblichkeit bei Dialysepatientinnen und -Patienten weiter steigen, da sie medizinisch notwendig sind und die Gesellschaft zunehmend altert. Darüber hinaus dürften der medizinische Fortschritt und die große Zahl schwer oder nicht heilbarer Erkrankungen zu weiterem Wachstum beitragen.

In den Schwellenländern steigt der Bedarf an einer breiteren medizinischen Basisversorgung ebenso wie die Nachfrage nach hochwertigen Therapien. Dazu kommt: Je höher das Pro-Kopf-Einkommen und damit die Ansprüche an einen modernen Lebensstil steigen, desto häufiger treten Zivilisationskrankheiten auf.

Andererseits ist zu erwarten, dass staatliche Finanzierungsengpässe einen höheren Preisdruck erzeugen und so das Umsatzwachstum der im Gesundheitsmarkt tätigen Unternehmen verringern könnten. In einigen Ländern führt die angespannte Haushaltslage zu erheblichen Finanzierungsproblemen im Bereich der Gesundheitsversorgung. Insbesondere in den Industrieländern dürfte der Spardruck zunehmen, da die Gesundheitsausgaben einen Großteil ihrer Staatshaushalte ausmachen.

Für Unternehmen im Gesundheitssektor wird es daher immer wichtiger, den Nutzen für die Patientinnen und Patienten zu erhöhen, die Behandlungsqualität zu verbessern und präventive Therapien anzubieten. Darüber hinaus werden jene Produkte und Therapien an Bedeutung gewinnen, die nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind.

Der Dialysemarkt

Für 2021 erwarten wir, dass der globale Dialysemarkt währungsbereinigt in einer Spanne von 1 bis 4 % wächst.

Die Zahl der Dialysepatientinnen und -patienten wird 2021 weltweit voraussichtlich und in Abhängigkeit der weiteren Entwicklungen der weltweiten Covid-19-Pandemie um etwa 3 % zunehmen. Die zum Teil erheblichen regionalen Unterschiede dürften bestehen bleiben: Angesichts der bereits relativ hohen PrävalenzPrävalenzAnzahl der Patientinnen und Patienten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine spezifische Krankheit haben. Die Prävalenzrate gibt die relative Zahl der wegen dieser spezifischen Krankheit (z. B. terminale Niereninsuffizienz) behandelten Menschen pro Million Einwohner an. in den USA, Japan sowie Mittel- und Westeuropa rechnen wir dort mit einem unterdurchschnittlichen Anstieg der Zahl von Patientinnen und Patienten. In Schwellenländern erwarten wir, dass die Zuwachsraten noch deutlich höher liegen.

Es wird erwartet, dass die durch die Covid-19-Pandemie verursachte Übersterblichkeit von Dialysepatienten auch im Jahr 2021 fortbesteht und einen signifikanten Einfluss auf die Anzahl der Dialysebehandlungen und zusätzliche auf Covid-19-bezogene Kosten hat. Die weitere Entwicklung hängt wesentlich von der von der Geschwindigkeit der Impfungen und der Akzeptanz der Impfangebote durch Patienten weltweit ab. Fresenius Medical Care erwartet dementsprechend einen signifikanten nachteiligen Annualisierungseffekt auf die Anzahl der durchgeführten Dialysebehandlungen.

Insgesamt tragen vor allem die alternde Gesellschaft und die steigende Zahl von Menschen mit Diabetes und Bluthochdruck dazu bei, dass der Dialysemarkt weiter wächst. Diese Erkrankungen gehen dem terminalen Nierenversagen häufig voraus. Zudem steigt die Lebenserwartung von Dialysepatientinnen und -patienten, da sich Behandlungs­qualität und Lebensstandard auch in den Entwicklungsländern stetig verbessern.

Der Markt für generische I.V.-Arzneimittel, biotechnologische Arzneimittel- und Infusionstherapien sowie medizinische Produkte und Transfusionstechnologie1

Für das Geschäftsjahr 2021 erwarten wir, dass die Ent­wicklung unserer Märkte unter dem Einfluss des weiteren Covid-19-Pandemie-Verlaufs steht. Produkte, die zur Behandlung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten eingesetzt werden, könnten eine weitere erhöhte Nachfrage erfahren, gleichzeitig könnten mögliche weitere Verschiebungen von elektiven Operationen das Marktwachstum leicht dämpfen.

Der Markt für generische I.V.-Arzneimittel soll im Jahr 2021 weltweit um 5 bis 7 % wachsen. Gesundheitsökonomisch betrachtet dürfte die Nachfrage nach generischen I.V.-Arzneimitteln weiter steigen, da sie deutlich preisgünstiger sind als Originalpräparate. Das Wachstum wird weiterhin angetrieben von Originalpräparaten, deren Patentschutz abläuft, sowie von patentfreien Originalprä­paraten, die durch Alleinstellungsmerkmale preisstabil angeboten werden. Es wird erwartet, dass die Erholung des Covid-19-­bedingten Marktrückgangs im Jahr 2020 ein weiterer Wachstumstreiber im Jahr 2021 sein wird. Gegenläufig wirken sich Preissenkungen bei Originalpräparaten nach Patentablauf wie auch bei bereits eingeführten Generika aus.

Es wird prognostiziert, dass der für Fresenius Kabi relevante Markt für biotechnologische Arzneimittel im Jahr 2021 voraussichtlich um 5 bis 7 % auf Basis von verkauften Einheiten und um 0 bis 2 % bezogen auf die Umsatzerlöse wachsen wird.

Wir erwarten, dass der Markt für klinische Ernährung 2021 um rund 2 bis 4 % wachsen wird. Die Wachstumsaussichten werden davon unterstützt, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer frühzeitigen klinischen Ernährung steigt und sich dies auch in den neuesten Leitlinien widerspiegelt. Darüber hinaus steigt die Praxis von obligatorischen Screenings auf Mangelernährung². Wir sehen zusätzliches Potenzial in dem weiterhin bestehenden hohen Anteil an mangelernährten Menschen, die noch keinen Zugang zu Ernährungstherapien haben. Erhebliches Potenzial eröffnen uns nach wie vor die Regionen Asien-Pazifik, Lateinamerika und Afrika mit Wachstumsraten bis zu 6 bis 8 % in einzelnen Ländern.

Der Markt für Infusionstherapien in Europa wird 2021 unserer Einschätzung nach ungefähr auf oder leicht über dem Vorjahresniveau liegen. Während der Markt für BlutvolumenersatzstoffeBlutvolumenersatzstoffeSie dienen der vorübergehenden Stabilisierung und / oder Aufrechterhaltung des Blutvolumens, z. B. nach einem stärkeren Blutverlust. relativ stabil bleiben dürfte, wird für das Geschäft mit Standardlösungen im Jahr 2021 ein leichtes Wachstum erwartet. Außerhalb Europas erwarten wir ebenfalls, dass sich der Markt der Infusionstherapien ungefähr 0 bis 2 % über dem Vorjahresniveau bewegt, wobei die Region Lateinamerika ein mittleres einstelliges Wachstum aufweisen dürfte.

Im Jahr 2021 sollten der Markt für medizintechnische Produkte und der Markt für Transfusionstechnologie in der Größenordnung von 1 bis 3 % wachsen.

1 Marktdaten beziehen sich auf die für Fresenius Kabi relevanten Märkte. Sie unterliegen zudem jährlichen Schwankungen, u.a. aufgrund von Veränderungen der Währungsrelationen und von Patentabläufen der Originalpräparate im Markt der I.V.-Arzneimittel. Steigerungsraten beziehen sich auf den Marktgesamtwert (Preis × Volumen). Abhängig vom weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie im Jahr 2021 kann es zu Veränderungen des Marktwachstums einzelner Produktsegmente kommen.
Quelle: eigene Erhebung
2 New ESPEN guideline on clinical nutrition and hydration in geriatrics. Clin Nutr. 2019 by 38(1):10-47; Volkert D, Beck AM, Cederholm T, Cruz-Jentoft A, Goisser S, Hooper L, et al.; latest implemented e.g. in Portugal: „National Policy for effective screening implementation”; Directorate General of Health DGS

Der Krankenhausmarkt3

Die Zahl der Krankenhausbehandlungen ist in Deutschland im Jahr 2018 ungefähr auf dem Vorjahresniveau geblieben. Wir gehen davon aus, dass es zukünftig insbesondere aufgrund einer zunehmenden Leistungserbringung im ambulanten Bereich tendenziell zu einer Stagnation bzw. einem Rückgang von stationären Krankenhausbehandlungen kommen wird.

Für den Anstieg in der Vergütung von Krankenhaus­leistungen ist in Deutschland der sogenannte Veränderungswert maßgebend. Er wurde für 2021 auf 2,53 % festgesetzt. Zudem sieht das Krankenhausfinanzierungssystem verschiedene Zu- und Abschläge für Akutkrankenhäuser vor. Für Mehrleistungen, die vorab mit den Krankenkassen ­vereinbart wurden, kommt der sogenannte Fixkostendegressionsabschlag von bis zu 35 % zur Anwendung. Dessen genaue Höhe handeln die Krankenhäuser mit den Krankenkassen aus.

Um bei der Vergütung zukünftig die medizinische Ergebnisqualität berücksichtigen zu können, definiert der Gemeinsame Bundesausschuss Qualitätsindikatoren. Die Festlegung der Höhe der Vergütung sowie die nähere Ausgestaltung werden in einem Gesamtkonzept erarbeitet. Wir erwarten hieraus keine negativen Auswirkungen, da sich die Helios-Gruppe konsequent auf Qualität ausrichtet, medizinische Ergebnisse transparent macht und daher gut auf eine qualitätsorientierte Vergütung vorbereitet ist.

Die Zukunftserwartungen fallen bei den deutschen Krankenhäusern unterschiedlich aus: Nach dem Krankenhaus Barometer 2020 des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) erwartet nur ein Viertel (24 %) der Häuser für das Jahr 2021 eine Verbesserung, 40 % der Kliniken rechnen damit, dass sich ihre wirtschaftliche Situation verschlechtert.

Durch die Covid-19-Pandemie könnte sich die Ertragslage der Krankenhäuser weiter verschlechtern, da die im Jahr 2020 initiierten Stützungsmaßnahmen im Jahr 2021 voraussichtlich größtenteils wieder entfallen und die grundsätzlichen Herausforderungen im deutschen Krankenhausmarkt unverändert bestehen bleiben. Neben den unzureichenden Einnahmen aus dem laufenden Geschäft wächst der Bedarf an Investitionen weiter, während die Fördermittel sinken. Krankenhäuser können diese Lücke nur bedingt aus eigener Kraft schließen.

Um dem wirtschaftlichen Druck zu begegnen, erwartet das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), dass sich künftig mehr Kliniken zu Verbünden zusammenschließen und ihre Leistungen stärker bündeln werden. Die Verbundkliniken profitieren von Synergieeffekten, u.a. von der Möglichkeit, Kostenvorteile zu erzielen, etwa im Einkauf. Das RWI erwartet, dass die Covid-19-Pandemie den Trend zu mehr Zusammenarbeit weiter beschleunigen wird.

Zentral für die Zukunftsfähigkeit eines Krankenhauses wird zunehmend der Grad der Digitalisierung sein. Durch Vernetzung und den Einsatz digitaler Lösungen eröffnen sich neue Möglichkeiten, Prozesse effizienter und sicherer zu gestalten und somit neue Wege in der Patientenver­sorgung zu beschreiten. Um die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen voranzutreiben, wird 2021 die digitale Patienten­akte (ePA) verbindlich eingeführt. Dadurch entsteht auch für die Krankenhäuser die Verpflichtung, sich an die Telematikinfrastruktur (TI), die den Datenaustausch unter den Akteuren im Gesundheitswesen vereinheitlichen und vereinfachen soll, anschließen zu lassen. Kranken­häuser müssen dann patientenbezogene Daten digital vorhalten bzw. über die Akte verfügbar machen.

Infolge des Pflegepersonalstärkungsgesetzes (PpSG) werden ab 2020 entlastende Maßnahmen für die Pflege in einem bestimmten Umfang finanziell gefördert werden. Darüber hinaus gelten 2021 die im Jahr 2020 Covid-19-­bedingt in Teilen ausgesetzten Regelungen der verbindlichen Pflegepersonaluntergrenzen wieder. Diese sind verbindlich für die pflegesensitiven Krankenhausbereiche Geriatrie, Intensivmedizin, Kardiologie, Unfallchirurgie, Herzchirurgie, Neurologie, Neurologie/Schlaganfalleinheit und neurologische Frührehabilitation. Verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen könnten auch in weiteren Bereichen des Krankenhauses eingeführt werden. Einen Zeitplan für die Umsetzung gibt es derzeit jedoch nicht.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) haben im Dezember 2020 eine neue Vereinbarung zur Abgrenzung von Pflegepersonalkosten für 2021 geschlossen („Pflegepersonalabgrenzungsvereinbarung“). Die neue Vereinbarung sieht eine engere Abgrenzung (Auslegung) von Pflegepersonalkosten vor. Diese werden seit 2020 aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert und stattdessen über separate Pflegebudgets nach dem Selbstkostendeckungsprinzip von den Krankenkassen finanziert. Helios Deutschland wird entsprechende Maßnahmen prüfen, um die Folgen für Patienten, Beschäftigte und die wirtschaftliche Situation möglichst zu begrenzen. Insgesamt erwarten wir, dass diese Regelung einen negativen Effekt auf die Ertragslage hat.

Der private Krankenhausmarkt in Spanien wird nach unseren Erwartungen im Jahr 2021 um 2 bis 3 % wachsen. Die weiterhin steigende Anzahl privat Versicherter sollte den privaten Betreibern auch zukünftig Wachstumschancen eröffnen.

Wichtige Kennzahlen, beispielsweise landesweite Gesundheitsausgaben und Bettendichte, lassen weiteres Marktentwicklungspotenzial des spanischen Gesund­heitssystems im Vergleich zu anderen EU-Ländern erkennen. Daraus ergeben sich auch Möglichkeiten für Klinikneugründungen. Daneben bietet der stark fragmentierte spanische private Krankenhausmarkt weiteres Konsolidierungs­potenzial.

Die Covid-19-Pandemie hat die grundsätzlichen Mechanismen im privaten Krankenhausmarkt in Spanien und die Wachstumsmöglichkeiten für private Krankenhausbetreiber nicht verändert. Sie hat die wichtige Rolle der privaten Krankenhausbetreiber offensichtlich gemacht, die das spanische Gesundheitssystem unterstützen und ergänzen.

Auch lässt sich festhalten, dass die Digitalisierung durch die Covid-19-Pandemie weiter an Bedeutung gewonnen hat.

3 Jeweils aktueller Stand der verfügbaren Daten bezieht sich auf das Jahr 2018, da keine neueren Daten veröffentlicht wurden: Statistisches Bundesamt, Daten für 2018
Quellen: eigene Erhebung; Deutsches Krankenhausinstitut (DKI), Krankenhaus Barometer 2020, Roland Berger Krankenhausstudie 2020

Der Markt für Projekte und Dienstleistungen für Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen

Für 2021 erwarten wir weltweit einen leicht wachsenden Bedarf an Projekten und Dienstleistungen für Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen, abhängig vom weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie.

In den etablierten Gesundheitsmärkten Zentraleuropas rechnen wir mit einer weiterhin steigenden Nachfrage. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung sowie ein auch durch die Covid-19-Pandemie sichtbar gewordener Investitions- und Modernisierungsbedarf bei öffentlichen Gesundheitseinrichtungen. Gefragt sind vor allem Dienstleistungen, d.h. die Wartung und Instandhaltung der Medizin- und Krankenhaustechnik, das Facility-Management, die technische oder die Gesamtbetriebsführung sowie die Optimierung infrastruktureller Prozesse, insbesondere im Rahmen von Public-Private-Partnership-Modellen. Zusätz­liche Wachstumschancen ergeben sich daraus, dass öffent­liche Einrichtungen nichtmedizinische Leistungen aufgrund eines zunehmenden Effizienzdrucks verstärkt an private Dienstleister auslagern. Darüber hinaus wird eine Ausweitung des Angebots an Post-Akut-Leistungen in Europa erwartet.

In den aufstrebenden Märkten rechnen wir mit einer insgesamt dynamischen Entwicklung. So wächst z.B. in Afrika, Lateinamerika und Südostasien die Nachfrage nach einer effizienten und bedarfsgerechten medizinischen Grundversorgung. In anderen Märkten, etwa in China und im Nahen Osten, gilt es, die bestehende Infrastruktur weiterzuentwickeln sowie neue Versorgungs-, Forschungs- und Ausbildungsstrukturen zu schaffen.

Weitere Chancen ergeben sich aus der fortschreitenden Digitalisierung. Deren Möglichkeiten gilt es konsequent zu nutzen, etwa bei der Etablierung und dem Betrieb „virtueller Krankenhäuser“. Diese können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, modernste Technologie und medizinisches Know-how zu adäquaten Kosten verfügbar zu machen. Damit einher geht die Vernetzung zwischen Gesundheitssystemen mit unterschiedlich ausgeprägtem Entwicklungsstand, um breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdienstleistungen zu erleichtern.

Quelle: eigene Erhebung

Künftige Absatzmärkte

Konzernumsatz und Konzernergebnis